Dienstag, 18. Januar 2011

Vor lauter Show das Recht vergessen...

Kammertermin für eine verhaltensbedingte Kündigung. Hinten im Saal sitzt eine Gruppe (überwiegend weiblicher) Referendare. Dies nimmt der Kollege der den AN vertritt mit sichtbarer Freude wahr und schmeisst sich mit Schwung in seine Robe.

Nach Aufruf der Sache beginnt seine Show. Er plustert sich auf und wirft erstmal ca. 20 sozialpolitische Aussagen in den Raum. Er "schwebt" zum Richtertisch, lässt sich die vorgelegten Fotos erklären, bittet um Aufnahme völlig unwichtiger Aussagen ins Protokoll, und läuft in Denkerpose zu seinem Platz zurück. Der Vorsitzende rollt schon mit den Augen.

Die geladenen Zeugen werden von ihm mit indiskreten aber  irrelevanten Fragen im Stile einer Gerichtsshow "gegrillt".

Er stellt Anträge, die nichts mit dem Verfahren zu tun haben (und auch nicht geeignet sind, nachher seine Gebühr zu erhöhen). Auch auf mehrfachen Hinweis des Vorsitzenden, dass diese Anträge völlig ungeeignet sind lässt er sich nicht davon abbringen.

Rechtliches bringt er nicht wirklich vor. Nach Beratung der Kammer teilt der Vorsitzende mit, dass bei diesem Sachverhalt nach Ansicht der Kammer eine ao wohl nicht, eine ordentliche wohl schon halten würde. Und macht einen Vergleichsvorschlag, den der Kollege noch um 1000 € nach oben handelt.

Wir machen mit, schließlich entspricht der Betrag etwa 20% von dem, was für diese Sachen an Rückstellungen gebildet worden ist.

Der Kollege jubiliert und schwebt in Robe aus dem Saal.

Ich jubiliere nicht. Ich freue mich mehr so in mich rein.

Und wünsche dem Kollegen, dass der AN nicht noch zu einem anderen Anwalt geht. Denn dann könnte der Kollege schon mal bei seiner Berufshaftpflichtversicherung anrufen.


1 Kommentare:

fernetpunker hat gesagt…

Gut geschrieben! :-) Ihr Blog hätte mehr Aufmerksamkeit verdient.

Kommentar veröffentlichen